Am Wochenende war ich, wie viele viele andere Nähbloggerinnen, in Köln. Und es war, wie zu erwarten war, sehr sehr toll!!! Ich war Freitags morgens noch unsicher, ob ich zur inoffiziellen Vorparty am Freitag abend gehen mag, weil ich mal wieder Kopfschmerzen hatte. Aber wie schon andere bemerkt haben: Nähnerdflausch hat heilende Kräfte.
Am Freitag also in kleiner Runde nett gegessen und viel gequatscht. Irgendwann drangen die Nachrichten aus Paris zu uns. Die Bruchstücke waren aber zu unvollständig, als dass es uns nachhaltig erschüttert hätte zu dem Zeitpunkt. Das ganze Ausmaß wurde mir erst auf der Heimfahrt in der S-Bahn bewusst. Deshalb war zu Hause auch erstmal noch nicht an Schlaf zu denken. Viel zu viele Gedanken, Angst und Befürchtungen. Die realste Bedrohung kommt für mich nach wie vor aus der rechten nationalistischen Ecke. In Verbindung mit Massenüberwachung, die jetzt sicher wieder ein Stückchen mehr Fürsprecherinnen bekommen wird, halte ich das für eine sehr reale Bedrohung unserer Freiheit. Viel mehr als diese schlimmen, tragischen, ekelhaften islamistisch motivierten Terroranschläge. Ich hoffe sehr, dass das einer großen Mehrheit der Bürger in Europa bewusst ist.
Am Samstag morgen traf ich dann Lotti am Bahnhof und wir gingen gemeinsam zur Lesung von Meike in der Kölner Stoff und Stil Filliale. Dort trafen wir auch noch Marja Katz. Es waren nur noch ein paar wenige andere Zuhörerinnen da, was ich irgendwie schade fand, weil ich ja finde, dass Meike sehr viel schlaues zu Körpernormen und Selbstermächtigung zu sagen hat. Aber das anwesende Publikum konnte das auch nur zum Teil antizipieren, hatte ich den Eindruck. Und wir drei mussten dann auch recht früh wieder weg, da wir ja auch nicht unpünktlich am Treffpunkt für das eigentliche Bloggerinnentreffen-Programm sein wollten.
Los ging es vom Hauptbahnhof aus mit einer kleinen nähbezogenen Stadtführung, die Bele für uns vorbereitet hatte. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal für die interessanten Einblicke in diese Stadt, die ich im Alltag so noch nie wahrgenommen habe.
Beim anschließenden Besuch mehrerer Nähnerd-Konsumtempel war ich sehr sehr konsequent und habe wirklich nichts, keinen einzigen cm Stoff, Kurzwaren oder Nähgedgets gekauft. Ich merke schon seit Monaten, dass mein gigantischer Stoffvorrat und die Stoffe, die da zum Teil seit 2 1/2 Jahren und länger ihr Dasein fristen, mich sehr sehr stark hemmt, neue Stoffe zu kaufen. Ich kann im wesentlichen jedes Projekt, was mir in den Sinn kommt, ohne Einkauf sofort beginnen. Hin und wieder fehlen vielleicht mal Kurzwaren, hauptsächlich Knöpfe, aber Stoff, Reißverschlüsse, Futter,… ist alles ausreichend vorhanden. Als dann so gegen 14 Uhr auch deutlich Hunger einsetzte war ich sehr froh, mit Lotti, 700sachen und Marja in einem Bistro eine Kleinigkeit zu Mittag zu essen und ganz viel zu quatschen. Wir machten dann noch einen klitzekleinen Abstecher zu Stoff und Stil. Im Nachhinein ärgere ich mich ein bisschen, dort nich doch 3 m Seidenorganza gekauft zu haben, weil mir die, die ich vor ein paar Wochen als Einlage für das nach wie vor nur in meinem Kopf existente beerenfarbene Bar Jacket im Internet kaufte, doch ein wenig zu weich vorkommt.
Um 16 Uhr ging es dann in einer kleinen Gruppe weiter zu Plissee Becker. Ich schwärme ja schon seit Jahren von diesem Laden mit den unfreundlichen Öffnungszeiten. Kein Laden in Köln hat eine größere und vor allem kompetentere Knopfauswahl. Und hätte ich diesen Laden schon vor 2010 gekannt, hätte meine Mama zu unserem rauschenden Fest auch ihr Traumkleid ohne Kompromisse tragen können. Dort wird nämlich noch plissiert. Eine Kulturtechnik, die nahezu ausgestorben ist. Und wir hatten die Möglichkeit, mal hinter die Kulissen zu schauen und uns erklären zu lassen, wie das überhaupt funktioniert. Der Stoff wird zwischen 2 Pappformen Falte für Falte gelegt, aufgerollt und dann in einen Überdruckofen bei 80°C in einer Wasserdampfatmosphäre (wobei sich Überdruck, 80°C und Wasserdampf für mich nach wie vor komisch anhören) fixiert. Außerdem kann man bei Plissee Becker Knöpfe und Gürtelschnallen beziehen lassen, und Löcher in Kleidungsstücken kunststopfen lassen. Dabei wird Material aus den Nahtzugaben genommen und das Loch nahezu unsichtbar geflickt. Teure Cashmerepullis muss man also nicht zwangsläufig abschreiben, wenn diese den Motten zum Opfer fielen. Eigentlich wollte ich dort dann auch noch Knöpfe für das nur in meinem Kopf existente Bar Jacket kaufen, hatte aber leider die Stoffprobe vergessen. Nur anhand eines Fotos, was der Liebste netterweise draußen bei Tageslicht inklusive Weißabgleich machte, wollte Herr Teichmann mir leider keine Knöpfe verkaufen. Das war ihm einfach zu unsicher. Und wären da nicht die bereits erwähnten echt ungünstigen Öffnungszeiten, würde ich sagen, dem Mann ist Kundenzufriedenheit echt wichtig. Nunja, so werde ich also ganz bald nochmal in die Benesisstraße müssen. Einen sehr guten Eindruck von dem Laden und wie man plissiert bekommt man in diesem Video.
Danach verführte ich 700sachen und Muriel noch dazu, mich nach Hause zu begleiten, um mein Auto zu holen. So hatten wir Gelegenheit in der Bahn und im Auto ein wenig zu quatschen.
Das Abendessen im Palanta war toll. So viele verschiedene Frauen, mit einigen davon habe ich mich unterhalten, mit vielen leider nicht. Aber für mich war es wichtiger, mit ein paar wenigen intensive Gespräche zu führen als mit allen nur 5 Sätze zu wechseln. Dadurch habe ich sicher interessante Begegnungen verpasst, aber einen Tod muss man sterben, wie meine Stiefschwiegermutter immer so schön sagt.
Sehr schön fand ich, dass ich noch ein bisschen Exklusivzeit mit Ella haben durfte, da sie ganz spontan dabei war und ich ebenso spontan unser Gästebett im Nähzimmer zur Verfügung stellte.
Am nächsten Morgen nach einem kurzen Frühstück machten wir uns dann wieder auf nach Köln um uns die Ausstellung „LOOK Modedesign von A-Z“ im Museum für angewandte Kunst anzuschauen. Vielen Dank an Bele, die uns hier hinter die Kulissen der Museumsarbeit blicken ließ. Sehr spannend zu sehen, worin die technischen Herausforderungen einer Modeausstellung liegen. Ebenso Danke an Patricia Brattig, die uns die Ausstellung vom kunsthostrischen Gesichtspunkt näherbrachte. Ich kann wirklich nur empfehlen, diese Ausstellung mit Führung zu besuchen, da die Schilder an den einzelnen Ausstellungsstücken bei weitem nicht das erzählen, was es über die einzelnen Stücke zu erzählen gibt. Da es sich bei fast allen Teilen um Schenkungen von wirklich getragenen Kleidungsstücken handelt, sind diese Geschichten sehr spannend! Abschließend gab es noch einen Tee und ein Stück Kuchen im Museumscafe und dann musste ich echt zur Bahn rennen, weil die kleinen Menschen mich doch etwas vermissten (und ich sie auch).
Danke an Dreikah, Alle Wünsche für die tolle Organisation, und an Marja Katz, Luzie, Machenstattkaufen, Bele und Overluck für die Unterstützung der Orga. Es war ein sehr bereicherndes Wochenende und auf jeden Fall ein sehr würdiges „Wir lassen uns in unserem täglichen Tun nicht von irgendwelchen Irren einschränken“, was an diesem Wochenende ja leider leider die Leichtigkeit ein wenig überschattete.
Bei Karin gibt es eine Linksammlung mit weiteren Beiträgen, da gibt es auch Fotos. Ich war leider zu sehr mit den Menschen beschäftigt um Fotos zu machen…