Da überarbeite ich meine „About“ Seite und schwupps, schon kann ich einen Punkt auf der Liste der Dinge, die ich unbedingt mal ausprobieren möchte, streichen!
Ich habe mit meiner Mama und meiner Schwägerin Seife gemacht. Aber nicht einfach nur Seife, sondern Schafmilchseife.
Zuerst einmal habe ich mich durch die vielen interessanten Infos bei naturseife.com gelesen. Dann habe ich mir ziemlich spontan überlegt, dass ich den Plänen endlich Taten folgen lassen möchte. Und weil die Schafmilchquelle nun mal in der Nähe meiner Mama ist und sie auch Interesse an diesem Experiment bekundet hatte, blieb bis zum nächsten Besuch nicht mehr ausreichend Zeit, um die benötigten Zutaten im Internet zu bestellen. Obwohl schon Susanne Klingner in ihrem Buch „Hab ich selbstgemacht“ schilderte, dass es Natriumhydroxid (NaOH) zwar rein theoretisch in der Apotheke gäbe, praktisch aber 8 Apotheken brauchte, bis sie ein paar Gramm davon in Händen hielt, versuchte ich mein Glück trotzdem auch in der Apotheke. Aber dank Susannes Warnung plante ich schon ein, dass die Apotheke das Zeug bestellen muss. Worauf ich nicht eingestellt war: auf eine an ein Chemiepraktikumskolloquium anmutende Befragung. Wofür ich denn eine solch große Menge NaOH brauche? Ähm, 250 g sind doch nun wirklich keine große Menge. Während der Diss hab ich teilweise innert einer Woche ein ganzes Kilogramm verbraucht! Ob ich wisse, wie man damit umzugehen habe. Ja, NaOH wird richtig richtig warm, wenn man es in Wasser löst. Schutzbrille, Handschuhe und Kittel sind vorhanden. Und ja, verdammt nochmal, ich will tatsächlich 250 g von dem Zeug! Währenddessen wurde am Schalter nebenan vollkommen ohne Zögern oder Nachfrage eine Packung Paracetamol an ein 10-jähriges Kind verkauft. Um ehrlich zu sein, finde ich das um einiges gefährlicher als einer erwachsenen Person, die ganz offensichtlich weiß, was sie tut, NaOH zu verkaufen (vielleicht sollte ich beim nächsten Mal meine Promotionsurkunde mitnehmen 🙂 ) Zusätzlich habe ich dann noch 200 g Lanolin bestellt. Schafmilch und Wollfett, das passt doch wunderbar zusammen. Zum Seifemachen braucht man aber auch noch ein Triglycerid, welches man dann mit der Lauge verseifen kann. Ich entschied mich für Sonnenblumenöl, denn das ist einfach und günstig zu beschaffen. Olivenöl erschien mir in Verbindung mit der Milch irgendwie nicht so passend. Außerdem besorgte ich im Reformhaus noch ein kleines Fläschchen Zitronenduftöl.
Dank des Seifenrechners musste ich mich auch gar nicht lange damit aufhalten, auszurechnen, wieviel NaOH denn nun mit wieviel Sonnenblumenöl gemischt werden muss. Sehr praktisch, dieses Ding, vor allem für Menschen, die der Meinung sind, in Chemie seien sie schon immer schlecht gewesen.
Folgendes Rezept haben wir verwendet:
- 250 g NaOH
- 700 g Schafmilch
- 1800 g Sonnblumenöl
- 200 g Lanolin
- 5 g Zitronenöl
Und weil die sich in der Apotheke so angestellt haben und auch sonst überall steht, dass das Auflösen der NaOH ziemlich heiß wird (und ich das auch schon selbst erlebt habe!), hab ich mir mal die Mühe gemacht, und es ausgerechnet.*
Und in der Tat, rührt man die 250 g NaOH in 700 g Wasser, dann erwärmt sich das Wasser um 94 Kelvin. Nimmt man an, dass kaltes Wasser mit 10 °C aus der Wasserleitung kommt, dann bedeutet dass, dass die ganze Chose zu kochen anfängt!!! Und so ne 10 molare Natronlauge ist nicht ungefährlich! Wenn die ins Auge spritzt, dann ist man blind! Also, Schutzbrille ist Pflicht!
Anonsten: Handschuhe tragen und sollte doch mal was auf die Haut kommen, mit Essigessenz und viel Wasser abspülen. Es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen, wenn ihr es direkt neutralisiert und abspült, wird das keine großen Schäden verursachen!
Da wir ja nun mit Schafmilch und nicht mit Wasser arbeiten wollten, und die Milch durch das Fett ja eine etwas geringere Wärmekapazität als Wasser hat, gab ich also die Order raus, dass die Milch doch bitte in Eiswürfelbehältern einzufrieren sei.
Denn dann geht ein beträchtlicher Teil der Lösungswärme der NaOH für das Auftauen des Eises drauf und erst danach für das Erhitzen der Flüssigkeit. Eine Rechnung für Wasser ergab eine Temperaturerhöhung von 15 Kelvin. Da kocht dann also nix mehr!
Was haben wir also gemacht? Wir haben nach und nach die NaOH-Plätzchen in die Milcheiswürfel eingerührt.
Und am Ende, als alles aufgelöst war, war die Lösung schon eher handwarm. Die 15 Kelvin, die ja das Ergebnis für Wasser waren, waren also deutlich zu tief gegriffen. In der Milch sind ca. 4 % 8 % Fett enthalten. Das hat zum einen einen Einfluss auf die Schmelzwärme der Eiswürfel. Um 1 kg Wasser aufzutauen braucht es mehr Energie als um 1 kg Milch aufzutauen. Außerdem reagiert die NaOH mit dem Fett schon zu Seife. Und dabei wird auch Wärme frei. War also ne gute Entscheidung, mit Eiswürfeln statt Flüssigkeit zu arbeiten.
Das Öl haben wir in einem großen alten Topf warm gemacht (auch so Körpertemperatur)
und dann die Milch-NaOH-Lösung dazugekippt. Und dann mit einem Pürierstab kräftig gerührt.
So lange, bis es so ne Puddingkonsistenz hatte. Während die eine gerührt hat, haben die andern beiden die Formen vorbereitet. Wir haben einfach Pappschachteln mit aufgeschnittenen Gefrierbeuteln ausgekleidet. Da hinein haben wir dann den Seifenpudding gekippt.
Ab da heißt es dann, geduldig sein.
Nach 24 Stunden etwa ist die Seife so fest, dass man sie aus den Formen rausnehmen und in handliche Stücke schneiden kann. Wir haben allerdings den Fehler gemacht und Sonnenblumenöl verwendet. Das macht eine recht weiche Seife. Beim nächsten Mal würde ich Rapsöl nehmen, das wird härter. Danach muss die Seife noch weitere 6 Wochen reifen. In dem Stadium befindet sie sich gerade in Mamas Keller.
Was sich allerdings schon sagen lässt: auf 2,7 kg Seife sind 5 g Zitronenöl etwas sehr wenig. Im Nachhinein würde ich sagen, das sind ja homöopathische Dosen! Alles weitere werde ich nach Weihnachten berichten. Jetzt schaue ich erstmal beim Creadienstag, was andere Menschen so kreatives an einem Dienstag tun. ________________________________________________________________________
* Der Vollständigkeit halber hier die ganze Rechnung:
Auflösen von NaOH:
- Masse NaOH: 250 g
- molare Masse NaOH: 40g/mol
- -> Stoffmenge NaOH: 250 g/40 g/mol = 6,25 mol
- Lösungsenthalpie NaOH: -44,5 kJ/mol
- -> beim Lösen von 250 g NaOH werden 44,5 kJ/mol * 6,25 mol = 278,125 kJ frei
Erwärmung von 10 °C kaltem Wasser durch die freiwerdende Lösungswärme
- Masse Wasser: 0,7 kg
- spezifische Wärmekapazität Wasser: 4,2 kJ/kg*K
- Temperaturerhöhung: 278,125 kJ/(0,7 kg * 4,2 kJ/kg*K) = 94,6 K
Schmelzen von 700 g Eiswürfeln
- Schmelzenthalpie Wasser: 332,5 kJ/kg
- Masse Eis: 0,7 kg
- -> für das Schmelzen von 700 g Eis werden 332,5 kJ/kg *0,7 kg = 232,75 kJ benötigt
Temperaturerhöhung durch Lösen von 250 g NaOH in 700 g Eiswürfel
- Lösungsenthalpie NaOH: -278,125 kJ
- Schmelzenthalpie Eis: 232,75 kJ
- verbleibende freiwerdenden Wärme: 232,75 kJ – 278,125 kJ = -45,375 kJ
- Temperaturerhöhung: 45,375 kJ/(0,7 kg * 4,2 kJ/kg*K) = 15,4 K