Fragen und Antworten II

LittleB hat ein paar Fragen gestellt und unter anderem mich gebeten, sie zu beantworten. Dieser Bitte komme ich gerne nach, auch wenn ich, wie schon bei Corinnes Fragen, mir keine neuen ausdenken werde 😉

  1. Wie sehr trennst Du Web und Wirklichkeit?
    gar nicht. Das irritiert manche nicht so netzaffine Freunde manchmal, aber ich erzähle von Twitter-Diskussionen so, als wären es Unterhaltungen im Real Life gewesen. Und sie sind ja durchaus real und nicht eingebildet. Und auch umgekehrt grenze ich mein Real Life kaum von meiner Netzidentität ab.
  2. Arbeitest Du angestellt oder selbstständig/freiberuflich?
    Angestellt. Und das ist auch gut so. Ich brauche die Sicherheit, dass da jeden Monat ein Betrag x auf dem Konto ist, brauche feste Strukturen und dass sich Leute, die das gerne machen, sich um so Sachen wie Kostenrechnung, Marketing, etc kümmern
  3. Möchtest Du mit Deinem Blog Geld verdienen? Oder tust Du es schon? Nein.
  4. Warum hast Du (k)eine eigene Domain?
    Weil es so schön bequem war, einfach mal einen Blog bei (damals) Blogspot zusammenzuklicken. Auch bei dem Umzug zu WordPress kam eine eigene Domain nicht in Frage.
  5. Kannst Du Dir vorstellen auch noch in 10 Jahren zu bloggen? Ja
  6. Welche Apps sind auf dem Startscreen von Deinem Smartphone zu finden?
    2015-09-15 10.57.38
  7. In welchen Social-Media-Kanälen bist Du noch zu finden? Und unter welchem Namen?
    Twitter (drehumdiebolzen), Facebook (Klarname), Pinterest (drehumdiebolzen). Bei app.net, Ello, Tagpacker und Mammoth hab ich einen account, aber bin nie so richtig warmgeworden mit diesen Diensten
  8. Wie wichtig ist Dir Deine Statistik (Leser- und Besucherzahlen, Suchbegriffe etc.)?
    Ich schau es mir hin und wieder an, mehr so aus Neugier. Aber ich blogge das, was mir gerade wichtig ist, was mir auf der Seele brennt. Wenn mir Besucherinnenzahlen wichtig wären, müsste ich jeden Mittwoch beim MeMadeMittwoch mitmachen.
    Ich freue mich, wenn ein Beitrag viele Leserinnen hat, aber daraus leite ich keinerlei Konsequenzen für die kommenden Themen ab.
  9. Was würdest Du mit Deiner Zeit machen, wenn Du nicht bloggen würdest? Ich verstehe die Frage nicht 😀 Ich blogge so wenig, dass das kaum ins Gewicht fällt. Von demher: Wahrscheinlich die Sachen, über die ich hier im Blog schreibe: Nähen, Feminismus, backen, basteln, Blogs und andere Onlinemedien lesen…
  10. Wie steht Deine Partnerin/ Dein Partner zu Deinen Social-Media-Aktivitäten (Blog, fb, ig, Twitter, etc.)?
    Er selbst ist so gut wie gar nicht in Social-Media aktiv. Interessanterweise ermutigt er *mich* aber immer zu Aktivitäten. Er macht ja viele der Fotos, die ich hier im Blog zeige (und die, die gezeigt werden sollen und noch im Entwürfeordner liegen…)
  11. Was hast Du durch Bloggen (über Dich) gelernt? Nicht immer so streng mit mir zu sein

Tagebuchbloggen 05.09.2015

Es ist wieder der 5. und Frau Brüllen will wissen, was wir eigentlich den ganzen Tag so machen.

Irgendwann mitten in der Nacht rufen beide kleinen Menschen, dass sie zu mir ins Bett wollen. Da der Liebste außerhäusig schläft und somit genug Platz in meinem Bett ist, rufe ich zurück, dass sie herkommen sollen.

7:30 Uhr die kleinen Menschen „schleichen“ sich nach unten. Am Wochenende dürfen sie nämlich nach dem aufstehen mit dem tablet spielen.

7:50 Uhr irgendwas fällt scheppernd zu Boden. Ich stehe auf um nachzusehen. War nur ein Glas, was aber nicht kaputt ging. Wo ich schonmal auf bin, kann ich auch gleich die Brötchen fürs Frühstück formen. Der neue Backofen macht sich gut, auch wenn wir noch mit der optimalen Einstellung für Brötchen alles herum experimentieren.

8:10 Uhr während die Brötchen gehen (kann es sein, dass es eigentlich gären heißt und ich das nur irgendwie falsch verstanden hab? Der Backofen hat nämlich eine Gärstufe, mit der man Hefeteig gehen lassen kann) krieche ich nochmal unter die Bettdecke und beginne diesen Post.

9:00 Uhr nachdem ich noch ein bisschen bei craftsy was über Maschinensticken gelernt hab, müssen jetzt mal ganz dringend die Brötchen gebacken werden. Außerdem hat der kleine kleine Mensch mittlerweile auch Hunger.

9:05 Uhr der paketbote klingelt und bringt ein Päckchen. Der große kleine Mensch hat sich für Halloween ein Gespensterumhang mit drauf gestickten Fledermäusen aus Leuchtgarn gewünscht. Mein Stofflager ist groß und mittlerweile finde ich fast immer einen passenden Stoff, aber Organza hab ich dann eher doch nicht vorrätig. Und wie das so ist beim online Stoff bestellen, wegen 3 m Organza, die noch dazu nur rund 5 € kosten lohnen sich die Versandkosten doch nicht! Also noch in der sale-rubrik geschaut und schwuppdiwupp waren da noch 2 m Kinder Jersey und eine Überraschungstüte mit Anzugstoffen sowie 2 knopfpakete im Warenkorb und es fielen gar keine versandgebühren an. Soviel zu meinem mantra „Ich brauche keinen Stoff.“
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9:20 Uhr die Brötchen sind fertig
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10:00 Uhr fertig gefrühstückt. Die kleinen Menschen verkrümeln sich wieder ins Wohnzimmer zum tablet, ich schau noch ein bisschen craftsy Kurse. Das Wetter ist leider sehr durchwachsen, so dass wir gerade sehr träge sind. Hier muss aber auch noch aufgeräumt werden, vor allem das Spielzimmer sieht noch immer sehr schlimm aus nach dem Sommerfest. Wenn mehr als 5 Kinder zusammenkommen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle spielzeugkisten inkl. der legokisten ausgekippt sind.

13:00 Uhr das Spielzimmer sieht noch immer aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, obwohl wir 1 h aufgeräumt haben. Trotzdem machen wir jetzt mal eine Pause. Ich gehe Wäsche aufhängen, die kleinen Menschen wuseln hier so rum.

14:00 Uhr wir schauen Tierbücher an.

14:30 Uhr ich hab Hunger. Der kleine kleine Mensch und ich essen die restlichen Brötchen auf.

14:50 mein Handy hat sich aufgehängt. Gefühlt ewig auf den power-knopf drücken hilft auch nix. Aber das Internet behauptet, dass 10 sek den power-knopf drücken helfen soll. Also nochmal ausprobiert und festgestellt, dass 10 sek ganz schön lang sind.

15:00 Uhr die stofflieferung ist direkt in die Waschmaschine gewandert und muss jetzt aufgehängt werden. Außerdem müssen noch ein paar liegen gebliebene Wäschestapel verräumt werden und bei der Gelegenheit sortieren ich auch gleich die zu klein gewordenen Unterhosen des großen kleinen Menschen aus.

Wir wuseln weiter vor uns hin, ich überlege, ob ich mir für die Hochzeit meines Bruders im kleinsten Kreis doch noch ein Kleid nähe, durchforste pinterest nach Inspiration, und mach mich schlussendlich daran, eine mögliche Lösung zu skizzieren. Die Frage ist: ist ein ganzes Kleid in himbeerrot zu viel?
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Irgendwann kommt der Liebste nach Hause und ich fange an zu kochen. Ich probiere nochmal ein Rezept aus dem Kochbuch „Schnelle Gerichte“ aus. Schnell ist natürlich immer relativ, am Ende hab ich dann doch 1 Stunde in der Küche gestanden, bis wir dann um

18:30 Uhr essen konnten. Aber es war sehr lecker und hübsch ausgesehen hat es obendrein
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19:30 Uhr ich probiere mal die infrarotlampe aus, die der Liebste bestellt hat. Ich hab immer mal wieder das Gefühl, dass meine Nebenhöhlen entzündet sind, was sich in Schwindel und schlimmen Kopfschmerzen äußert. Mal gucke.

20:15 Uhr die kleinen Menschen sind im Bett. Und wir schauen eine zwei Folgen „Orange is the new black“. Ich mag ja auch die dritte Staffel bisher.

23:00 Uhr ich gehe ins Bett.

Fragiles Glück

Seit Tagen gehen mir diese Gedanken nicht mehr aus dem Kopf. Ganz besonders, wenn ich die kleinen Menschen anschaue, in Momenten, wo ich sie besonders liebenswert finde. Aber auch in den Momenten, wo ich sie besonders doof finde.

Was wäre wenn diese Scheiß-Nazis doch stärker sind als wir? Wenn die noch vor ein bis zwei Monaten deutlich spürbare antieuropäische Stimmung umschlägt in ein Auseinanderbrechen der EU, Interessenskonflikten zwischen europäischen Nationalstaaten und schließlich in offenen Hass gegen alles Fremde, Andere? Wenn die politische Situation kippt hier in Deutschland. Ich meine, Teile der Bundesregierung hauen jetzt schon Sprüche raus, die mir den Atem stocken lassen. Dann diese freiheitsfeindlichen Tendenzen im Bereich der inneren „Sicherheit“. Ein offen verfassungsfeindlicher „Verfassungsschutz“, der vom Innenminister gedeckt wird. Es braut sich da eine Gemengelage zusammen, die mir ernsthaft Angst macht. Und ich weiß, dass ich mich ziemlich schnell in Gefahr bringen würde. Dass mich schon allein mein digitaler Fußabdruck, den ich schon jetzt hinterlassen habe, in Gefahr bringen kann.

Ich halte die Möglichkeit, dass ich, um die kleinen Menschen zu schützen, alles hier (einen tollen, gut bezahlten Job, der Sicherheit und Luxus bedeutet, eine schöne große Wohnung, Freunde, meine Familie, meine Nähmaschinen und damit ein sehr wichtiges Hobby für mich,…) zurücklassen müsste, mich auf die Flucht begeben müsste, weil ich hier für meine teilweise unkonventionellen Ansichten verfolgt und bedroht werde, mittlerweile für ein nicht total abwegiges Szenario. Ihr mögt mich für Kassandra halten, aber 1933 ist ja auch nicht einfach so passiert. So sehr ich Diederich gehasst habe, so sehr hat es mich beeindruckt, dass Heinrich Mann schon 1914 gesehen hat, was da kommen wird.*

Die Welle der Hilfsbereitschaft, die sich da gerade dem Hass, der sich in brennenden Unterkünften, in gewalttätigen Protesten und ekelhaftesten Kommentaren bei Facebook und in den Kommentarspalten der Onlinemedien Bahn bricht, entgegenstellt, beruhigt mich. Noch. Aber verdammte Scheiße, dass es Tage gedauert hat, bis sich Merkel zu den Vorfällen in Heidenau geäußert hat, dass Spitzenpolitiker der CSU fast täglich irgendeinen menschenfeindlichen Müll von sich geben, dass die Presse lange von „besorgten Bürgern“ statt „rechten Terroristen“ schrieb, das ist real! Es gab genügend Leute, die mich für gaga hielten, als ich letzten Sommer auf Facebook Leute entfreundete, die anlässlich der Männer-Fußball-WM ihr Profilbild schwarz-rot-gelb färbten. Vollkommen überzogene Reaktion auf einen gesunden Patriotismus. Und ein Jahr später haben wir den Salat. Nein, nicht jeder, der letzten Sommer Deutschlandfahnen schwenkte, zündet Flüchtlingsunterkünfte an. Aber diese Gruppenidentifikation schafft ein Klima, in dem sich die Nazis sicher fühlen, dass sie sich sowas überhaupt erlauben können. Flüchtlingsunterkünfte anzünden ist keine freie Meinungsäußerung. Das ist eine Straftat. Und jeder Politiker, der da noch was von „Ängste der Bürger ernst nehmen“ schwafelt, der verharmlost eine Straftat!!!

Ich schweife ab. Ich schaue also die kleinen Menschen an und frage mich wirklich ernsthaft: Würden sie, diese an Luxus und Überfluss gewöhnten Kinder, eine Flucht überhaupt durchstehen? Wie würde ich das durchstehen? Alles aufgeben, unter Aufbringung aller meiner körperlichen, seelischen und finanziellen Kraft versuchen in Sicherheit zu kommen. Zu wissen, dass man dort, wo man dann zwar in Sicherheit ist, nicht besonders gewollt ist. Sozial ganz unten auf der Leiter zu stehen. Die Vorstellung, den Liebsten, die kleinen Menschen auf der Flucht zu verlieren. Tagelang nichts zu essen zu haben. Nichts zu trinken. Nur die Kleider, die wir anhaben. Unsicherheit, totale Erschöpfung. Und ein 3-jähriger, der noch nicht versteht, dass er leise sein muss, wenn man sich irgendwo über die Grenze schleicht. Schlepper, die sich einen Dreck darum scheren, ob man überlebt, hauptsache man zahlt irrwitzige Preise für vollkommen halsbrecherische Aktionen. Getrennt zu werden von den kleinen Menschen, vom Liebsten, in den Wirren der Flucht. Zu sehen, was diese Flucht mit ihnen macht. Angst, Hunger, Durst, Todesangst,… **

Ich schreibe das nicht, weil ich hier über meine potentielle Situation jammern möchte. Ich lebe hier in relativer Sicherheit und Luxus. Nur versuche ich mir vorzustellen, wie sich das anfühlt, was die Menschen, die aus echter Todesangst und Bedrohung kommen und die aktuell hier Schutz und Sicherheit suchen, durchmachen. Und auch wie schnell wir alle in eine solche Situation kommen können. Wir denken, das alles ist so weit weg. Hier ist doch alles tipitopi. Aber jede von uns hat in ihrem Bekannten-, Verwandten- und Freundeskreis Menschen, die unter abenteuerlichen, lebensbedrohlichen Umständen mittels Schleppern (damals Fluchthelfer genannt) aus der DDR und anderen Ostblockstaaten geflohen sind. Ihr eigenes 2-jähriges Kind betäubt haben, sich in doppelte Böden von Autos und LKW gezwängt haben. Das alles, als wir schon auf der Welt waren, also noch nicht allzu lange her.

Wenn ich mich heute für die Geflüchteten engagiere, die hier ankommen, dann mache ich das nicht nur deshalb, weil ich Mitgefühl für diese Menschen habe sondern auch, weil ich dadurch klar und deutlich zeige, dass ich die Hoffnung (noch) nicht aufgegeben habe, dass die rechten Menschenfeinden hier einer unüberwindbaren Opposition gegenüberstehen.

Dies ist ein Beitrag im Rahmen der Aktion „Bloggerinnen für Flüchtlinge„. Jetzt überweise ich erstmal einen Geldbetrag dieser Initiative, morgen sortiere ich mit den kleinen Menschen Spielzeug aus. Und wenn noch jemand weiß, ob im Kölner Raum ein Backofen und Herd für eine Wohnung für Geflüchtete gebraucht wird, möge sie sich bitte melden.

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* Der Liebste empfiehlt an dieser Stelle noch „Erfolg“ von Lion Feuchtwanger.

** Noch viel krasser, schonungsloser, eindrücklicher wird hier eine potentielles Fluchtszenario aus Deutschland  beschrieben http://emilundida.com/2015/08/28/emil-schreit-niemals-sollte-ein-kind-sehen-wie-sein-vater-geschlagen-wird/ Allerdings möchte ich hier eine Warnung ausprechen: Ich hab beim Lesen geweint und saß danach minutenlang apathisch vorm Rechner.