Neben „Three Rivers“ in Kalifornien, gibt es nun einen zweiten Kandidaten für einen Altersruhesitz, nämlich das Örtchen „Sent“ im Unterengadin. Oberhalb von Scuol gelegen, ist es ein uriges Bergdorf, in dem man sich um 50 Jahre in die Vergangenheit versetzt fühlt. Und dabei fühlt es sich aber nicht hinterwälderisch oder zurückgeblieben an dort.
Nachdem ich vorletztes Wochenende mit den Arbeitskollegen zum Raften dort war, habe ich Philip mit einem Wellnesswochenende dort überrascht. Ich war einfach so begeistert von dem Backpacker-Hostel Swissroof, dem Dorf, der Landschaft, …, dass ich ganz kurzentschlossen ein Doppelzimmer in dem Hostel reserviert habe und Philip am Freitag dorthin „entführt“ habe.
Am Samstag fand in Sent ein Straßentheaterfestival statt, leider zum größten Teil auf Romanisch, aber trotzdem eine tolle Sache. Witzig waren „Wachi Wachi e Chula“, die durch das Programm führten, beeindruckend war Flurin Caviezel, der unzählige Instrumente spielte, unter anderem ein Alphorn aus Kohlefaser. Die Vorstellung von „Traideschin“ war leider zu sehr auf Sprache basiert, so dass ich nichts verstanden habe. Die Eierschlucker hingegen konnte auch ich verstehen, denn sie erzählten ihre Geschichte von der verknoteten Prinzessin Isolde und dem Eiermann Rudolf auf Deutsch.
Nach einem gemütlichen Nachmittag in der Hängematte haben wir uns dann abends im römisch-irischen Bad in Scuol verwöhnen lassen. Einfach traumhaft entspannend, vor allem, weil man ziemlich alleine in den einzelnen Bädern war. Da machte es auch gar nichts aus, dass ich den Busplan falsch gelesen hatte und wir die ca. 3 km nach Sent laufen mussten. Es war ein wunderbar milder Abend, Sternenhimmel, tolles Panorama,… Zurück im Hostel durften wir uns dann leider noch die Heldengeschichten von einigen Mountainbikern anhören, die scheinbar im Höhentrainingslager waren und sich gegenseitig erzählten, wie sie „Scheiß Rennradfahrer“ überholten hatten, oder sich von Inlineskatern überholen lassen mussten, weil die Inlineskater noch nie was von Aufbautraining gehört hatten…
Am Sonntag sind wir mit dem Postauto ins Val S-Charl gefahren und haben dann noch eine Wanderung vom Val Minger durch den Nationalpark über Sur il Foss ins Val Plavna nach Tarasp gemacht. Diese wildromantischen Hochgebirgstäler sind einfach traumhaft schön. Es ist immer wieder faszinierend, wie sich mit zunehmender Höhe die Vegetation verändert und dass es in diesen kargen Bedingungen überhaupt noch Vegetation gibt. Wirklich beschreiben kann die Schönheit allerdings nicht und auch die Photos können nur einen Bruchteil dessen wiedergeben, wie es dort tatsächlich aussieht. Deshalb kann ich nur empfehlen, doch selbst einmal dorthin zu gehen… Allerdings sollte man vielleicht die Bärenglöckchen mitnehmen, denn heute stand in der Zeitung, dass am Samstag ein Braunbär im Val S-Charl gesichtet wurde. Ironischerweise waren wir mit Freunden wandern, die gerade aus ihrem Urlaub in Kanada und den USA zurückgekommen waren und erzählten, dass sie dort wenig gewandert sind, weil sie Respekt vor den Bären hatten.