Wie ich schon vor 2 Jahren schrieb, mag ich diese Download Schnittmuster nicht besonders. Und auch wenn sie nicht mit DRM kommen, nervt das zusammenkleben noch immer. Ich bin da auch nicht alleine, viele andere Nähnerds fluchen darüber.
Einige Indie-Schnittmusterlabel bieten mittlerweile neben in A4 oder Lettersize gekachelte Schnittmuster auch eine Datei an, die das Schnittmuster im Ganzen enthält, welches man dann im Copyshop ausplotten lassen kann. Meike hat das vorgestern ausprobiert und ist ganz entzückt. Dabei kam dann Lucy und auch andere Komentatorinnen auf die Frage, wie man denn die Schnittmuster, die es aber nur gekachelt gibt, digital wieder zusammenfügen könne, um das Schnittmuster dann im Ganzen plotten lassen zu können.
Google war da leider nicht wirklich hilfreich, in einem Kommentar auf einem Blog wurde vorgeschlagen, dafür das Programm Inkscape zu benutzen. Inkscape ist eine freie, plattformunabhängige Software zur Bearbeitung und Erstellung zweidimensionaler Vektorgrafiken und mann kann es für GNU/Linux, Mac OS X und Windows kostenlos von der Webseite runterladen. Leider haben Grafikprogramme die unschöne Eigenschaft, dass sie meist eine gewisse Einarbeitung brauchen, bis man sie benutzen kann. Trotzdem probierte ich es aus und nach anfänglichem „Verdammt, das wird Tage dauern, bis ich gecheckt hab, wie das geht“ hatte ich es dann schneller raus als gedacht. Ich hab noch immer keine Ahnung, wie Inkscape funktioniert, aber ich kann Schnittmuster damit zusammenkleben, mehr wollte ich ja gar nicht. Man kann damit auch Schnittmuster zeichnen und ein Din A4 große Kacheln zerlegen, dafür gibt es unzählige Tutorials, aber das würde jetzt hier zu weit führen. Nur für den Fall, dass eine mal ein Schnittmuster digitalisieren möchte, es muss nicht Adobe Illustrator sein, Inkscape kann das auch.
Wie macht man das also jetzt, wenn man ein Schnittmuster in vielen A4 Blättern hat? Ich erkläre hier, wie ich es gemacht hab, es gibt sicher noch andere, vielleicht sogar einfachere Wege, die dürft ihr gerne in die Kommentare schreiben. Ich bin totale Inkscape-Anfängerin. Da mein Betriebssystem auf Englisch eingestellt ist, gibt es hier die Erklärung leider mit den englischen Bezeichnungen…
Edit 17.10.2015: Die meisten gekachelten Schnittmuster haben einen Rand, da zum einen der Drucker nicht bis an die Kante drucken kann und man ja auch ein bisschen Überlappung zum Kleben. Diesen Rand muss man loswerden. Weiter unten wird eine komplizierte Methode innerhalb von Inkscape beschrieben. Immi machte mich auf eine viel einfachere Methode aufmerksam. Dafür braucht man ein Programm mit dem man pdfs bearbeiten kann. Sie schlug pdf24 Creator vor. Das gibt es aber nicht für GNU/Linux, weshalb ich nach Alternativen schaute und auf pdf Mod stieß. Ich beschreibe es hier also für pdf Mod, aber das scheint sehr ähnlich wie bei pdf24 zu funktionieren. Mrs Go erklärt es für pdf24 (diese Dynamik, die sich hier gerade in der Nähnerdcommunity entwickelt, toll!!!) hat ihr Tutorial leider unkenntlich machen müssen, weil es Menschen gibt, die nicht so auf Nähnerdflausch stehen. Schade. Man öffnet mit PDF Mod die pdf Datei des Schnittmusters, wählt alle Seiten aus, die das Schnittmuster enthalten und klickt auf Edit -> Export xx ImagesUnd schon hat man einen Ordner mit jpg s ohne Rand, die man dann in Inkscape importieren und zusammensetzen kann.
Dafür öffnet man ein neues Inkscape Dokument. In den Dokumenteigenschaften ändert man die Seitengröße auf A0. Außerdem sollte man sich vorher Gedanken über die Ausrichtung machen. Ich hatte es zuerst auf Hochformat eingestellt, dabei hätte ich Querformat gebraucht. Man kann es aber auch noch später ändern. Bei „General“ sollte man außerdem noch die Default units auf mm umstellen, damit man später das Skalierungsquadrat ausmessen und wieder auf die richtige Größe bringen kann.
Anschließend sollte man die Ansicht auf 100% einstellen, das macht das zusammenkleben deutlich einfacher.
Dann scrollt man mit den Balken unten und rechts in die obere linke Ecke des A0 großen Rechtecks. Das sollte dann etwa so aussehen
Nun beginnt man damit, die einzelnen Seiten des Schnittmusters zu importieren. Ich habe mir hier mal den kostenlosen T-Shirt-Schnitt Plantain von Deer and Doe ausgesucht. Dafür geht man auch File -> Import
und wählt im erscheinenden Dialogfenster die Datei aus, die man eben in pdf Mod erzeugt hat
importieren möchte. Da diese Datei mehrere Seiten enthält, erscheint ein weiterer Dialog, mit dem man die zu improtierende Seite auswähltBei vielen ebook-Schnittmustern ist die Anleitung und das Schnittmuster in einer Datei, da muss man sich dann ein bisschen durch die Seiten klicken, bis man bei der ersten Seite des eigentlichen Schnittmusters angekommen ist. Aber es gibt eine Seitenvorschau im Dialogfenster, so dass das ziemlich einfach ist. Auf okay drücken. Im sich öffnenden Dialog „embeded“ auswählen.Die importierte Seite wird in der Mitte des Bildschirms platziert, aber sie soll natürlich nach oben links in die Ecke. Jetzt kommt ein Schritt, der mir etwas Kopfzerbrechen bereitet hat, weil er erst nicht ging und dann plötzlich doch, ohne dass ich sagen könnte, was ich geändert hab: Man fährt mit der Maus über die Seite, mit einem rechten Mausklick fasst man die Seite an, mit gedrückter Maustaste verschiebt man die Seite dorthin, wo man sie haben möchte
Weiter geht es mit der nächsten Seite. So wie oben beschrieben importiert man die nächste Seite.
Jetzt wird es aber etwas tricky: In diesem Schnittmuster sind Ränder eingefügt, die man auf einer Seite wegschneidet beim Zusammenkleben. Genau das muss auch beim digitalen Zusammenfügen gemacht werden. Ich musste auf meinem Laptopmonitor den Zoom etwas verkleinern (unten rechts ist eine %-Anzeige, die hab ich auf 71% reduziert), damit die ganze A4 Seite sichtbar war. Wenn man also die neu importierte Seite komplett sieht, wählt man links in der Werkzeugleiste das Rechteckwerkzeug ausund dann zieht man einen Rahmen auf, der genauso groß ist wie der bedruckte Bereich des Blattes. Anschließend wechselt man links in der Werkzeugleiste wieder auf den Pfeil (Select and transform objects), mit gedrückter Shift Taste wählt man dann sowohl das blaue Rechteck als auch das ganze eingefügte Blatt aus (es sollten dann sowohl um das Blatt als auch im das Rechteck so eine gestrichelte Linie sichtbar sein) und dann schneidet man mit Object -> Clip -> Set den Rahmen ab Dann fasst man mit gehaltener rechter Maustaste die ausgeschnittene Seite an und schiebt sie an die erste Seite ran. Je nach Bildschirmgröße und eingestellten Vergrößerung wird es schwierig, die Passzeichen ganz genau zu treffen. Also vergrößert man den Zoom wieder, ich hab es auf 250 % vergrößert. Die Feinausrichtung macht man dann mit den Pfeiltasten der Tastatur. Mit Alt+Pfeiltaste verschiebt man das Blatt pixelweise und kann die Passzeichen exakt aneinanderlegen.
So macht man das dann für alle weiteren Blätter, bis man alles zusammengesetzt hat. Dann markiert man alle Blätter, indem man mit Ctrl + rechter Maustaste jedes Blatt anklickt. Dann gruppiert man die Blätter über Objects -> Group
damit sie jetzt schön so zusammenbleiben wie sie sind (für sachdienliche Hinweise, wie das mit dem Snap to Object funktionieren könnte wäre ich sehr dankbar, das würde den Workflow nämlich nochmal enorm beschleunigen)
Und jetzt wird es nochmal ein bisschen tricky. Durch das Umwandeln des pdf’s in einzelne jpg’s ist die Skalierung verloren gegangen. Man muss also das Skalierungsquadrat nochmal ausmessen um zu schauen, wie groß das denn nun ist. Ich hab keine ganz aktuelle Inkscape-Version, in der es ein Messwerkzeug gibt. Aber ich glaube auch nicht, dass man das wirklich benutzen kann, weil das Skalierungsquadrat nicht als eigenes Objekt in der Datei erscheint sondern als Teil des importierten Bildes. Deshalb muss man sich ein wenig behelfen. Man wählt links in der Werkzeugleiste den Stift aus, klickt mit dem Stift auf eine Ecke des Quadrats. dann lässt man die Maustaste wieder los. Jetzt muss man unten rechts in der Ecke schauen, wo sich der gesetzte Punkt befindet. In meinem Fall war das bei 50,14 mm (wichtig ist, dass man in den Document Properties die Default Units auf mm umgestellt hat!). Dann zieht man ohne den Mauszeiger gedrückt zu haben von dem Punkt aus mit der Maus entlang der waagerechten Kante des Skalierungsquadrats zum anderen Ende und merkt sich nun den Wert, wo sich der Stift befindet (118,89mm). Mit esc kommt man wieder aus dem Stiftmodus raus und man hat auch keine Linie gemalt.Jetzt muss man ein bisschen rechnen: Die Linie ist also 118,89mm – 50,14 mm = 68,75 mm lang. Sie soll aber 50 mm lang sein. Das Bild ist also zu groß. Man muss es nochmal skalieren. Dafür muss man eine Dreisatzrechnung machen.
68,75 mm ≙ 100%
÷68,75
1 mm ≙ 1,45%
x 50
50 mm ≙ 72,72%
In meinem Fall muss das ganze Objekt von 100% auf 72,72% verkleinert werden. Das ist aber von Fall zu Fall verschieden. Man muss wissen, wie lang das Skalierungsquadrat sein muss (meist 50 oder 100 mm) und man muss messen wie lang es wirklich ist.
Man wechselt links in der Werkzeugleiste wieder auf den Pfeil ganz oben. Um das Objekt jetz wieder auf die richtige Größe zu bringen wählt man das gruppierte Objekt aus, über Object -> Transformgelangt man in einen Dialog, in dem man auf den zweiten Reiter scale gehen muss. Dort setzt man das Häkchen bei Scale proportionally und trägt den oben ausgerechneten Wert ein
und drückt auf Apply. Anschließend kontrolliert man mit dem Stiftwerkzeug nochmal die Länge des Skalierungsquadrats.
Das Ganze speichert man dann mit Save as als pdf ab
und kann das dann wie bei Meike beschrieben plotten lassen.