Jetzt ist es offiziell: Wir sind total irre. Während andere Familien mit 2 Kindergartenkindern den Buggy mit Buggyboard aus dem Kofferraum wuchten und in Oberstdorf flanieren, mieten wir uns 2 Fahrräder (ohne Elektromotor) und einen Kinderanhänger. Und damit fahren wir dann nicht etwa gemütlich an der Iller entlang (kommt noch, wenn wir endlich richtig platt sind hätte noch kommen sollen, wenn wir irgendwann mal so richtig platt gewesen wären), sondern auf die Käseralpe. OK, nicht ganz, aber dazu kommen wir noch.
Während unseres ersten Urlaubs bei Familie Winkler in Hinang hatten wir schon den tollen Tip von unseren tollen Vermietern bekommen: Das Oytal südöstlich von Oberstdorf . Letztes Jahr konnten wir diese Tour nicht wiederholen, der große kleine Mensch war mit damals fast 4 Jahren noch nicht groß genug für den langen Anmarsch ins Oytal, und der kleine kleine Mensch hätte uns wahrscheinlich die Ohren weggequietscht. Nun sind die Kinder ein Jahr älter, und daher belast- bzw. begeisterbarer. Trotzdem hatten wir das Gefühl, dass der ganze Weg (eine Strecke 11 km) zu lang für den großen kleinen Menschen wäre, wenn er ihn nun komplett alleine zu Fuß erlaufen muss. Daher verfielen wir nach unserer gestrigen Tour zuerst auf die Idee mit der Pferdekutsche, die fährt für nicht insignifikantes Entgelt nämlich von Oberstdorf zum Oytalhaus. Das dauert pro Richtung 1.5 Stunden, und man hat nur 2 Stunden Zeit oben am Anfang dieses grandiosen Hochtals. Den langen Weg durchs Tal und dann den Aufstieg zur Käseralpe kann man in diesen 2 Stunden komplett vergessen. Glücklicherweise trauerten wir ob dieser Erkenntnis auf dem Bahnhofsvorplatz in Oberstdorf, direkt neben einem Schild mit der Aufschrift „E-Bike und Mountainbikeverleih“. Hmmm….
Die hatten sogar einen Kinderanhänger für 2 Kinder. Also direkt für den nächsten Tag (also heute) zwei „normale“ Trekkingräder reserviert. Und heute morgen waren wir dann auch um 9:30 Uhr schon wieder in Oberstdorf und nahmen unsere fahrbaren Untersätze in Augenschein: 2 Damen“Trekking“fahrräder mit obligatorischer Federgabel, für den Liebsten zu kurzer Sattelstütze, herrlich schlechten Sätteln und einem viel zu kurzen Abstand zwischen zu hohem Lenker und dem Sattel. Wer freiwillig auf sowas fährt, saß wirklich noch nie auf einem vernünftigen Fahrrad.
Trotzdem waren wir prima Laune, und schlängelten uns durch den morgendlichen Einkaufsverkehr in der Oberstdorfer Fußgängerzone, welche gefühlt mindestens den halben Ort umfasst. Ein Bekleidungs-, Schmuck-, Souvenir- und Schuhgeschäft am anderen, aber keine Drogerie oder Bank, was wir nebenbei so gebraucht hätten.
Der Einstieg in die Fahrt hinauf zum Oytal ist auch gleich das härteste Stück: Direkt vor den Schattenbergschanzen
(4-Schanzen-Tournee und so) rechts ab den Berg hoch. Der große kleine Mensch plapperte munter weiter, und fragte irgendwann: „Papa, kannst Du nix mehr sagen?“. Genau. Nix, aber auch gar nix, außer Keuchen. Wir schafften es aber, nur gelegentlich überholt von Leuten, die schon zum E-Bike gegriffen hatten. So weit sind wir aber auch nach dem heutigen Tag noch nicht! Und selbst die E-Bike-Fraktion machte den Eindruck, absolut am Anschlag zu sein.
Nach dem ersten Stück wird es flacher, und man denkt, man „rollt“ parallel zu den Höhenlinien. Man wundert sich dabei die ganze Zeit, warum man immer noch nicht so recht in Schwung kommt. Aber landschaftlich ist es wunderschön, und es wird immer schöner! Nach etwa einer halben Stunde erreicht man dann den Eingang des eigentlichen Oytals, mit einer Allee zum Oytalhaus inmitten einer grandiosen Bergarena.

Am Oytalhaus machten wir dann erstmal Rast, hauptsächlich um uns zu regenerieren. Danach ging es weiter, nun auf Schotterwegen, immer tiefer (und ganz langsam höher) ins Tal. An dessen Ende wartet dann gefühlt eine Wand, die es zu erklimmen gibt, will man in den darüber gelegenen nächsten Talkessel mit der Käseralpe. Das war dann für uns und unsere Flanier-Drahtesel endgültig das Ende, die Räder wurden auf halber Höhe am Rand geparkt, und wir wanderten einfach weiter. Nur im Gegensatz zu gestern ohne Kiepe für den kleinen kleinen Menschen. Aber das machte ihm gar nichts, und wenn er gut drauf ist, dann ist er schneller als der große kleine Mensch. Besonders motivierend: Die Regenwasserablaufrinnen diagonal in der Straße. Darüber muss man nämlich immer einen großen „Sch(r)itt“ machen, wie er uns bei jeder (!) Rinne erklärte.
Nach dem erfrischenden Wasserfall
(ja, die kleinen Figuren da am Ende des Weges, dass sind wir!!!) und einer kleinen Rast auf der Straße ging es dann vollends hoch zur Käseralpe, mit ganz vielen tollen Kühen und Katzen und Pferden und Hunden, die bewundert werden konnten, leckerer Limo, und einem lustigen Fußballspiel („Ich bin nämlich Weltmeister!“). Wundervoll!
Der Rückmarsch bis zu den Rädern war problemlos, und auch die Rückfahrt gestaltete sich einfacher als gedacht. Das Tal ist nämlich gar nicht so flach, wie man denkt. Auf der Hinfahrt hielten wir uns noch für Schlaffis, weil wir auch auf den „flachen“ Stücken nur mühsam voran kamen, aber auf der Rückfahrt bemerkten wir dann, dass wir einer optischen Täuschung erlegen waren: Die Berge nebendran sind so steil, dass das Tal selbst komplett flach erscheint, obwohl es das nicht ist. Also konnten wir es kilometerweise auf dem Schotterweg mit Anhänger einfach ohne Triebeln laufen lassen.
Noch mal eine kurze Spielplatzpause auf dem tollen Spielplatz am Oytalhaus (Mit Kinderklo, auch erwähnenswert, und Wassereis ;-)). Für ältere Kinder und Erwachsene kann man dort auch Roller mieten, mit denen man abfahren kann. Wir machten uns natürlich mit den Leihfahrräden auf nach Oberstdorf. Als wir dort ankamen, hatten sich bedrohliche Wolkengebilde über dem Tal aufgetürmt, und es grummelte gewaltig, aber mit perfektem Timing verabschiedeten wir uns zurück nach Hinang.
Dort wurde noch im Garten mit der Wassertonne gespielt, Himbeeren gegessen, Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt, und dann war der Tag auch schon wieder rum. Naja, nicht ganz, der Liebste zog dann nochmal los, um ein paar Bilder vom Dorf zu machen.
