Liebe Küchenstudios

Vorgestern wollte Frau Brüllen in schickem Bürooutfit ein Longboard kaufen. Was ihr dabei wiederfuhr, könnt ihr dort nachlesen.

Wir hingegen wollten im schluffigen Freizeitoutfit ein Induktionskochfeld und einen Backofen kaufen. Der Liebste hatte von Freunden, die gerade ein Haus bauen, den Tipp bekommen, dass die Beratung in einem hier ansässigen Expert gut sei. Er war auch schonmal dort gewesen, außerdem hatten sich 1 Handwerker unsere Küche angeschaut, weil wir gerne ein 80 cm breites Kochfeld hätten, dafür aber die Wangen der Unterschränke ausgefräst werden müssen. Für diese Vorortbesichtigung haben wir 40 Euro bezahlt, die wir aber bei einem allfälligen Vertragsabschluss mit Expert wiederbekommen hätten.

Gestern sind wir dann also nochmal alle zusammen in den Laden. Da wir Urlaub haben, waren wir entsprechend schluffig gekleidet. Ich fand die Beratung bezüglich der technischen Details sehr dürftig. Aber das größte Manko: es war nicht möglich, diese bescheuerte touch-pad Bedienung der Kochfelder auszuprobieren. Denn alles, was ich bisher bei Freunden oder Verwandten mitbekommen haben, die Herde mit dieser touch-pad Bedienung haben, ist eine Mensch-Maschine-Interface-Katastrophe. Und wir wissen ja nun alle von unseren Smartphones, dass es da responsivere und weniger responsive Displays gibt. Die „Beratung“ beschränkte sich darauf, dass uns verschiedene Konzepte (+ und – Knöpfe, geht gar nicht aus unserer Sicht; Balken mit Zahlen, die man antippen kann; Slider, über die man mit dem Finer drüber fährt und Magnetknöpfe, die man dreht) zu zeigen und uns zu versichern, dass das alles ganz super funktioniere. Wir blieben skeptisch.

Bei den Backöfen erzählte der Berater dann, dass die alle maximal 230 °C können. Er kaprizierte sich dann auf so tolle Features wie „Versenkbare Knöpfe“, auch wenn wir ihm mehrfach zu verstehen gaben, dass wir wegen versenkbarer Knöpfe keinen neuen Backofen kaufen würden. Sondern wegen ungleichmäßiger Temperaturverteilung bei der Umluft. Und auch hier wieder nur die Versicherung, dass das bei den neuen Geräten nicht der Fall sei. Nun gut.

Wir gingen nach Hause, um uns das alles nochmal zu überlegen. Wir recherchierten etwas im Internet, bemerkten, dass es beispielsweise bei den Kochfeldern 3 verschiedene Modelle mit exakt der gleichen Beschreibung, aber 3 unterschiedlichen Preisen gab.

Heute gingen wir nochmal hin, wirklich mit dem festen Vorsatz, einen Herd zu kaufen. Wieder schluffig angezogen, aber wir hatten ja nun gestern schon zu verstehen gegeben, dass wir durchaus bereit seien, nicht ganz am unteren Ende der Preisskala einzukaufen. Unsere Frage nach den Unterschieden der 3 Kochfelder wurde mit „Ja, da gibts kleine Unterschiede, aber welche, weiß ich auch nicht“ beantwortet. Und dann versuchten wir nochmal, diese Sliderbedienung bei dem Kochfeld auszuprobieren. Jedes popelige Smartphone für 200 Euro kann ich ausprobieren, bevor ich es kaufe. Ich habe stundenlang Nähmaschinen um die 1000 Euro ausprobiert, bevor ich mich für eine entschied. Beides Sachen, die ich sogar innerhalb einer kurzen Zeitspanne umtauschen kann, wenn sie mir nicht gefallen. Ein Herd, der ca 1000 Euro kosten soll und fest eingebaut wird, also nicht umzutauschen ist, sollte er sich als unzufriedenstellend herausstellen, ungetestet zu kaufen empfinde ich ehrlich gesagt als Katze im Sack.

Also wurde die Innenarchitektin gerufen. Und war die Beratung bis dahin einfach nur schlecht, wurde sie nun unverschämt. Wir wurden abschätzig von oben bis unten gemustert, es wurde uns erklärt, dass diese Touchpads nunmal Stand der Technik seien (Aber nicht unbedingt Stand der Wissenschaft, wie ich einwarf) und wir uns damit abfinden müssen. Äh ja, aber da es ja nun verschiedene Konzepte gibt, würden wir gerne mal ausprobieren, wie sich diese so anfühlen. Das würde alles schon gut funktionieren, da könnten wir uns sicher sein. Probieren ginge nicht. Und wenn uns das nicht passen würde, dann sollen wir uns halt einen Gasherd mit dicken drehknöpfen kaufen, dass sei dann wohl das richtige für uns.

Wir sind dann ins benachbarte Möbelhaus gegangen, die eine deutlich größere Auswahl an Geräten und Herstellern hatten und vor allem 2 angeschlossene Herde verschiedener Hersteller, die man ausprobieren konnte. Und siehe da: Das eine Konzept stellte sich im Praxistest als für uns ungeeignet heraus, weil es unintuitiv und nicht sonderlich responsiv war. Die Beratung war technisch auf einem deutlich höheren Niveau, es wurden Unterschiede klar herausgestellt, es wurde an der geöffneten Backofentür demonstriert, wie die Umluft funktioniert und es war nachvollziehbar, dass die Temperaturverteilung da deutlich gleichmäßiger ist als bei unserem Ofen. Von versenkbaren Knöpfen als Unterscheidungsmerkmal war nicht die Rede.

Halten wir also fest: In schicken Klamotten Longboard kaufen ist eine ähnlich schlechte Idee wie in schluffigen Klamotten ein Induktionskochfeld und Backofen mit Klimagarfunktion. Außerdem bietet ein Möbelhaus scheinbar bei Elektrogeräten eine bessere Beratung als ein Elektrofachgeschäft.

Nichts desto trotz konnten wir auch dort nur 2 verschiedene Touch-Bedienkonzepte ausprobieren, auch wenn es noch mindestens 4 andere gab, die wir gesehen haben. Ich wundere mich da schon ein bisschen. Weil ich bei Investitionen in der Größenordnung nämlich eigentlich schon gerne vorher weiß, ob ich die nächsten 10 Jahre tagtäglich mit einem Kompromiss leben muss…

10 Gedanken zu „Liebe Küchenstudios

  1. Den Pretty-Woman-Selbsttest kann man überall machen 🙂
    Neuer Backofen, da werden Deine Brötchen und Propellerkuchen ja noch besser!

  2. Unser Backofen kann 270Grad. Wir haben Plus-Minus-Tasten, die ich OK aber nicht super finde. (Beides Bosch) Meine Eltern haben allerdings auch noch ein Kochfeld mit einzelnem Bedienteil für vorn an den Schrank bekommen vor weniger als 1/2 Jahr. Geht baulich nicht anders. Also gab es dann doch eine Lösung. (Auch Bosch)

  3. Wir haben so einen Herd mit Magnetknopf. Das funktioniert prima, weil die Stufe ja quasi oldschool per Drehknopf eingestellt wird und wenn man den Knopf an die Dunstabzugshaube heftet, ist er immer zur Hand und der Herd kindersicher.

    Dass das Outfit Auswirkung auf die Beratung hat, ist eine Frechheit und das Möbelhaus dann wohl deutlich professioneller.

    Liebe Grüße
    minnies

  4. Wir haben uns jetzt auch für so nen magnetknopf entschieden. Gibts nur nicht von jedem Hersteller und nicht für jedes Modell… Aber wir haben ihn ausprobiert und für okay befunden 😉

  5. Pingback: Tagebuch Ardeche 26.07.2015 | drehumdiebolzeningenieur

  6. Unserer ist Induktion und hat vorne Drehknöpfe; so 2 Jahre alt und von Siemens. Nur die Kindersicherung ist für die Katz. Das Kind dreht ja nur dran rum wenn ich am Herd stehe, die Kindersicherung bewirkt bei Aktivierung aber nur dass der Herd garnichtmehr geht – sowohl bei Backofen als auch bei Induktion. Dann ist es allerdings auch eine Mannsicherung, weil der die Bedienungsanleitung nicht gelesen hat 😉

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