Über den Wert weiblicher Arbeit

Vor ein paar Tagen hatte ich einen sehr seltsamen Anfall von „Nähen für andere“. Beide kleine Menschen brauchten dringend neue Lederpuschen für den Kindergarten. Der große kleine Mensch wünschte sich Gespenster-Puschen mit Schneeflocken in schwarz. miriam_naehutensilien_141125-005Als ich dann die Farbkombination für den kleinen kleinen Menschen zusammengesucht hatte, hatte ich plötzlich die fixe Idee, dass da unbedingt Frösche drauf appliziert werden müssen. miriam_naehutensilien_141125-002Und dabei kam mir eine Unterhaltung in den Kopf, die ich vor ein paar Wochen auf einem Hoffest geführt hatte. Auf dem Fest wurden verschiedenste landwirtschaftliche Erzeugnisse angeboten, unter anderem auch solche Lederpuschen. Ein Paar, ähnlich verziert wie diese beiden Paare, sollte 15 Euro kosten. Das erzählte mir meine Gesprächspartnerin, während wir in der Küche standen und Essen zubereiteten. Ich fand das viel zu günstig und sagte das auch. Darauf erwiderte meine Gesprächspartnerin: „Ach weißt du, die macht das doch so nebenher.¨ Ihr könnt euch sicher denken, was ich darauf gesagt habe, oder? Ich habe erklärt, dass das in keinster Weise rechtfertigt, warum ihre Arbeitszeit nur so wenig wert sein soll. Dass allein das Leder schon ungefähr 5 Euro pro Paar kostet (mag sein, dass es das in größeren Mengen günstiger gibt, ich jedenfalls zahle je nach Größe 5-8 Euro fürs Material). Dazu kommt noch die Anschaffung der Näh- und Stickmaschine, Garn, Nadeln, Strom.

Jetzt bin ich sicher nicht die Routinierteste, was Puschen verzieren und Nähen angeht. Mache ich alles halbe Jahr mal. Für Zuschnitt, Applikation und Zusammennähen habe ich pro Paar mehrere Stunden gebraucht. Das geht mit etwas Übung sicher schneller. Aber selbst wenn es alles in allem 1 Stunde dauert, muss man ja auch noch die Zeit, die man auf solchen Märkten oder Festen rumsteht, mit einrechnen. Und/oder das Pflegen des Onlineshops, sei es nun der eigene oder die Präsenz bei dawanda. Der Stundenlohn beläuft sich also auf wenige Euro. Ohne Sozialabgaben. Weil: „Das macht die ja so nebenher.“ Es ist ja ihr Hobby, ihr macht das ja Spaß, da muss sie ja gar nicht erst anfangen, realistische Preise zu kalkulieren, oder was?!? Mir macht mein Job auch Spaß und trotzdem erwarte ich, dass mir meine Arbeitgeberin ein angemessenes Gehalt zahlt, von dem ich leben kann und anständig gegen Krankheit, Alter und sonstige Widrigkeiten des Lebens versichert bin.

Diese Abwertung weiblicher Arbeit kotzt mich echt ganz gewaltig an.

In diesem Zusammenhang auch sehr interessant, wie Ella von Ringelmiez die Preise ihrer Quilts kalkuliert.

 

9 Gedanken zu „Über den Wert weiblicher Arbeit

  1. Die Schühchen sind sehr hübsch geworden.

    Prinzipiell stimme ich dir zu, würde allerdings sagen, dass der Wert handwerklicher Arbeit nicht geschätzt wird und zwar unabhängig der Hände, die es formten.

    Das ist im Übrigen der Grund, warum ich mein Zeig eher nicht anbieten würde. Kaum jemand ist bereit dafür Geld auszugeben. Eher noch für eine Spontankauf aber in Vorleistung gehen kann man halt auch nicht unbegrenzt

  2. Liegt wohl gerade in der Luft, das Thema. Mein Coach hat mich gestern Abend ziemlich auf den Pott gesetzt, was meine Gehalts- bzw. Honorarkalkulationen anging und das nachdem ich einen Tag zuvor unter Künstlern und Sozialarbeitern auch mal wieder das Gefühl hatte: Wir sind doch alle bekloppt, so viel Lebenszeit für so verdammt wenig Geld herzugeben.

  3. Ich wurde mal gefragt ob ich nicht eine Pullover nähen könnte (fremde Person) Ich habe nein gesagt, mit der Begründung das meine Freizeit nicht reicht um all das zu nähen was ich für meine Familie und mich nähen möchte.
    Die Antwort:“ ach was, so einen Pullover haben sie doch an einem Abend ganz schnell genäht.“ Als ich hier sagte dann soll sie es doch selbst machen wenn es so schnell geht, war sie pikiert.
    Ich habe das schon so oft erlebt, das die Wertschätzung für das Handwerk (egal welcher Art) verloren geht und die meisten auch nicht wissen wie viel Zeit man investiert.
    Lg Mathilda

  4. Ja, diese Diskussion gibt es überall, wo Selbstgemachtes angeboten wird. Und nicht nur dort. Ich denke, die Wertschätzung von Arbeit und Qualität zieht sich durch unser ganzes Leben. Es fängt bei Lebensmitteln an. Wer ist schon noch bereit, ein Brot beim Bäcker zu bezahlen, wenn es beim Discounter nur 1/3 kostet. Weiter gehts mit Fleischpreisen etc. Bei Klamotten: Ki***K, Hasi & Mausi…. Schlimm finde ich nur, dass, grade bei Kleidung, die Sachen, die mit teuren Markennamen verkauft werden in der gleichen Fabrik in Indien und Bangladesh genäht wird wie die Sachen von Ki**k.
    Grüße Alexandra
    P.S. Deshalb nähe ich selbst und hüte mich davor, meine Dienste irgendwo anzubieten.

  5. Ja, echt, Unverschämtheit, dass dir deine Lohnarbeit auch noch Spaß macht. Weiß doch jeder, dass Sachen die Spaß machen, nix kosten und Erwerbsarbeit darf keinen Spaß machen. Die sollten dir unbedingt das Gehalt kürzen.

    Ich finde auch, dass man Leuten sowas immer vorrechnen sollte. Manche werden dann ganz nachdenklich. Z.B. sehen ja viele ein, dass es unfassbar ist, wenn ein Friseur nur nen Zehner fürn Schnitt nimmt, aber dass der 40€ Friseur sich die vierfache Zeit nimmt und dementsprechend sogar manchmal weniger verdient (weil weniger Trinkgeld) checken die meisten nicht.
    Und gerade beim Selbernähen kommen dann oft so Sachen wie „Dann kannste mir ja auch mal was nähen.“ Achso? (mit Betonung auf dem hysterischen o) Weil das ja auch mal eben so nebenher passiert. Eben.

  6. …volle Zustimmung auch von mir!- und vor allem in sozialen Bereichen,die „fest“ in weiblicher Hand sind, ist diese Geringschätzung zu merken, also die finanzielle Geringschätzung. FH-Studium,Weiterbildungen u.a. in systemischer Familenberatung (auf eigene Kosten) und jahrelangelanger Berufs-Lebenserfahrung = netto 9 Euro in anspruchsvoller Tätigkeit im stationären Jugendhilfebereich bei großem kirchlichen Träger! Allerdings Wertschätzung der Tätigkeit und Anerkennung der Kompetenz, leider nicht auf dem Gehaltszettel. Denke , das ist in den meisten sozialen Bereichen so und ich weiß nicht wie und wo sich da etwas ändert.Wir streiken ja meist nicht so,dass es wehtut.

  7. Pingback: Meine liebsten Nähgadgets | drehumdiebolzeningenieur

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